REPORT AUS STEREO 10/1988
NEUE TECHNIK
Wie langlebig ist die CD?
C h e m is d ie Z e itb o m b e n
Die Akropolis verfällt, Ve-
nedig verfault mehr und
mehr, die kostbaren Ge-
mälde in den Uffizien von
Florenz werden buch-
stäblich durch den
Schweiß von Millionen
flanierender Touristen
zersetzt, Autos rosten
-
der chemische Zahn der
Zeit nagt allerorten und
mitzunehmender Bela-
stung der Umwelt immer
rascher. Da soll die in
komplizierter Bauweise
aufgebaute Compact
Disc ein chemisch abso-
lut stabiles System sein ?
CD-Rohlingvof
der Aluminium-
Verspiegelung
Nach Auskünften
von PDO soll es
selbst damit bei
den meisten CD-
Playern keine Ab-
spielprobleme
geben
eitestgehend stabil ist
WmwM
dieses
Sandwich
aus
W W
Polycarbonat,
Metall,
Lacken und Farben tatsächlich
nur, wenn eine ganze Reihe
von
Voraussetzungen
erfüllt
sind. Was nicht immer der Fall
war.
Nach
unseren jüngsten
Recherchen tickt tatsächlich in
einigen zigtausenden von Pla-
stik-Spritzgußhüllen unaufhalt-
sam die chemische Zeitbombe.
Überall dort nämlich, wo einige
CD-Hersteller ahnungs- oder
sorglos
unverträgliche
Lack-
und Farb-Legierungen verwen-
deten. Diese CDs werden mit
Sicherheit in einigen Jahren un-
spielbar sein.
Interne Tests der größten
CD-Fertigungsstätte
über-
haupt, der Philips and DuPont
Optical - abgekürzt PDO -,
zeigten, daß manche Hersteller
zum Druck des Labels Farben
benützten, die sich in der Kli-
makammer nach wenigen Stun-
den oder spätestens nach zwei
Tagen
bis
ins
Aluminium
durchfraßen.
Dazu
PDO-Techniker
Im-
melmann: „Das Aggressivste,
was es überhaupt gibt, sind be-
stimmte
schwarze
Druckfar-
148
ben. Wir haben solche hier im
’Giftschrank’, die wir für Test-
zwecke gebrauchen. Diese Far-
ben und ihre Hersteller sind
eigentlich
branchenbekannt.
Wenn aber nun irgendein Un-
glücksvogel von CD-Fabrikant
ausgerechnet an diese Farben
gerät, bekommt er Probleme.
Diese
Farben fressen sich
nämlich relativ schnell durch
Lösungsmittel-Lacke
-
aber
auch
durch
UV-Schutzlacke.
Nach unseren bisherigen Un-
tersuchungen
würde
das
bei
Gold-Metallisierung
übrigens
genauso passieren. Ich möchte
aber annehmen, daß sich seit
zwei Jahren herumgesprochen
hat, welche Farben man nicht
benutzen darf “
Entwarnung
also
auf
der
ganzen Linie? Leider nicht, vor
allem was die Vergangenheit
und einige wenige CD-Herstel-
lerangeht. „Esgibt", so Immel-
mann bei unseren Recherchen,
„auch eine rote Farbe, die Nim-
Sthofrlitk
Protective Utqufr
M u s ik -In fo r m a tio n
IPit-Muiferl
Coded music
IPit-strucfurel
Transparenter Träger
Transparent carrier
Hiketten-Orurt
Printed label
Aluminium*
Reflemonsscmch
Alumuuum
reflective coatir
Querschnitt einer CD: Bei den kritischen Exemplaren frißt sich die Farbe des
Label-Aufdrucksdurch den Schutzlack hindurch
bus Records bei CDs früher
verwendet hat. Bei der haben
wir hier in unseren Tests festge-
stellt, daß die sich ebenfalls
völlig durchfrißt. Diese und die
besagten
schwarzen
Farben
sind die schlimmsten - die aber
heute, glaube ich, keine Fabrik
mehr verwendet.“
Probleme nur in der
Anfangsphase?
Nimbus-Direktor
Michael
Lee versicherte uns gegenübci
mit allem Nachdruck, daß
es
sich bei diesen beanstandeten
CDs um Produktionen aus der
Anfangsphase der Fabrik von
1984 handeln würde und daß
der Käufer bei Nimbus-CDs
keinerlei Befürchtungen wegen
angeblicher roter Killer-Farbe
haben
müsse.
Entgegen
an
derslautenden Berichten beab-
sichtige Nimbus auch nicht die
serienmäßige Produktion von
Silber- oder gold-metallisierten
CDs.
Bezüglich der Schutzlackc
die auf die Aluminium-SchicI
der
Label-Seite
aufgetragi
werden, gab es bisher keim
STEREO
10l
98
30 JAHRE STEREO